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Um das miserable Image im größten Überwachungsstaat der Welt aufzupolieren und die Verbrechen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) zu übertünchen, ordnete Partei- und Staatschef Xi Jinping 2023 an, die Jahrhunderte alte Heimat der Uiguren, Kasachen und anderen muslimischen Ethnien in einen Urlauber-Hotspot zu verwandeln.

Geführte Touren durch ein geknechtetes Land sollen ein touristisches Idyll mit Highlights wie der Taklamakan-Wüste, dem Karakul-See oder Oasenstädten entlang der alten Seidenstraße vorgaukeln.

Doch die Realität in Chinas „schönen neuen Welt“ in der Nordwestprovinz Xinjiang sieht anders aus. Wer nach Xinjiang reist, sollte wissen, dass sein Handy genauso ausgelesen wird wie das der Einheimischen. Mitsamt aller Kontakte und persönlichen Details. Aus Sicherheitsgründen sollten Touristen auch besser vor Ort keine offene Kritik am System äußern, sonst landen sie womöglich im Gefängnis.

Chinas Staatspräsident Xi Jinping war verantwortlich, als Parteikader vor etwa zehn Jahren die „Autonome Uigurische Provinz Xinjiang“ nachweislich mit einem Netz an modernen Konzentrationslagern überzogen haben, unter dem Vorwand den islamistischen Terror zu bekämpfen. Seit der gewaltsamen Besatzung unter Mao 1949 hatten sich vereinzelt muslimische Gruppen gegen die Unterdrückung erhoben. „Offiziell sind wir auf dem Papier seither autonom, inoffiziell sind wir ein Volk von Sklaven in einem an Bodenschätzen sehr reichen Land“, sagt die Kasachin Sayragul Sauytbay, Überlebende eines Lagers, der unter Lebensgefahr die Flucht nach Schweden gelungen ist, im Gespräch mit TRAVELBOOK.

Als Sauytbay am Rande des Tianshan-Gebirges 1976 zur Welt gekommen war, gab es dort noch keine Chinesen. Erst durch gezielte Masseneinwanderung hat die KP die muslimischen Ethnien zur Minderheit im eigenen Land gemacht und jeglichen Widerstand im Keim erstickt. „Sogar Messer in unseren Küchen sind festgekettet und mit Chip ausgestattet, damit die Partei überwachen kann, wann und wie oft man sie benutzt“, berichten Zeugen, die heute im Ausland leben. Urlauber sollen nach Xinjiang gelockt werden

Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer bis drei Millionen inhaftierten Muslimen in der „Autonomen Uigurischen Region Xinjiang“. Ob dort heute nur noch 11 oder 16 Millionen Uiguren leben? Keiner kennt genaue Zahlen, da chinesische Statistiken intransparent sind. Deshalb weiß auch niemand, wie viele Unschuldige die Parteikader bereits getötet haben. Zeugenberichten zufolge werden aber in beinahe jeder muslimischen Familie Verwandte vermisst. Dennoch leugnet die Partei Gewalt gegen Muslime, gleichzeitig liefert sie selbst wiederholt durch geleakte chinesische Staatsdokumente, wie zuletzt die „Xinjiang Police Files“, die besten Gegenbeweise. Im August 2023 forderte Xi bei einem Besuch in Xinjiang gleichzeitig mehr Härte gegen Uiguren und mehr Werbung für den Tourismus.

Geht das überhaupt in einem Land beispielloser Kontrolle, Zensur und Rechtlosigkeit, in dem jeder Uigure oder Kasache jederzeit enteignet oder verhaftet werden und für immer verschwinden kann? „Man kann ihre Menschenrechte nicht verletzen, denn sie haben keine Rechte“, umschreibt ein leitender chinesischer KP-Beamter in einer WDR-Dokumentation die Situation der Muslime in Xinjiang. Laut chinesischen Behörden sollen trotz der brutalen Unterdrückung allein im vergangenen Jahr 180 Millionen Touristen Xinjiang besucht haben. Lager wegen Touristen verlegt

Um noch mehr Urlauber in die Nordwestprovinz zu locken, haben die Kader zumindest äußerlich Veränderungen vorgenommen. So schlossen sie zwar manche der sogenannten „Berufsbildungslager“ mitten in den Städten, bauten dafür aber andere am Rande aus und benannten viele Lager in normale Gefängnisse um. Während vorher noch an jeder Straßenecke Polizeistationen standen, wachen dort meist nur noch Überwachungskameras. „Die Lager befinden sich meist an Orten, wo keine Touristen hinkommen“, weiß Sauytbay.

„Die KP ist sehr geschickt darin, Potem`kinsche Dörfer aufzubauen“, bestätigt auch Dina Nurdybay gegenüber TRAVELBOOK. Die einst erfolgreiche Modedesignerin war im Lager nicht nur Zwangsarbeiterin in einer Nähfabrik, sondern musste auch in einem Propagandafilm der KPCh mitspielen, der in einem Hotel gedreht wurde. Darin sieht man Einheimische in typischen Kostümen, die geschminkt und lachend landestypische Tänze aufführen. In die hingehaltenen Mikrofone der Journalisten musste sie später Sätze sagen wie: „Ich bin sehr dankbar und überaus glücklich, dass die Partei mir diese kostenlose Ausbildung im Lager anbietet.“ Jeder Satz, jedes Komma, jeder Atemzug wurde vorher genau für die Kameras einstudiert.

„Touristen sehen nur das, was sie sehen sollen“

Keiner wage sich in diesem Land, offen die Wahrheit zu sagen, sagen übereinstimmend Zeugen, denn das führe direkt ins Lager. „Touristen werden in Ostturkestan nur das sehen und das hören, was sie laut der Regierung hören und sehen sollen“, bekräftigt Sayragul Sauytbay, die das Denken der Partei gut kennt, da sie als leitende Staatsbeamtin selbst gezwungenermaßen KP-Beamtin war. „Um uns Dissidenten auch im Ausland mundtot zu machen, benutzt die Partei unsere Verwandten in der Heimat wie Geiseln“, führt Sauytbay aus, „gleichzeitig verfolgen sie uns mit Verleumdungskampagnen, Todesdrohungen und Attentaten.“

Nichts überlässt die Partei in Xinjiang dem Zufall. „Wenn beispielsweise eine ausländische Delegation ihren Besuch in Urumqui angekündigt hat, zogen mehrere Polizisten bei uns in die Wohnung ein“, erzählt Zeugin Zumret Dawut aus der Hauptstadt. „Erst wenn die Delegation wieder abgereist war, durften wir wieder vor die Tür.“ Andere Türen vorgesehener Häuser öffnen sich wiederum für Touristen. Da sehen sie beispielsweise uigurischen Frauen in typischer Tracht beim Brotbacken zu. „Unsere Landsleute werden vorgeführt wie Tiere im Zoo“, so Zeugen. Wer das Schauspiel der Partei nicht mitspiele, dem ergehe es schlecht.

Taxifahrer haben Angst, Ausländer mitzunehmen

Möglicherweise wundern sich gelegentlich Touristen, warum manche Taxifahrer Angst haben, sie als ausländische Reisende mitzunehmen. Oder warum sie von der Polizei verfolgt werden. Und warum uigurische Männer keine traditionellen Bärte mehr tragen. Und wieso es überwiegend chinesische, aber kaum uigurische Schriftzeichen in der Heimat der Uiguren gibt. Seltsam auch, dass man kaum junge Menschen auf der Straße sieht. „Viele Jugendliche werden in die Zwangsarbeit ins Inland Chinas verschickt“, berichtet Sauytbay über Zwangsarbeiterprogramme der Partei. Kinder verhafteter Eltern wiederum landen oft in Erziehungsanstalten, wo sie mit Parteislogans und Hass auf ihr Volk und aufs Ausland gedrillt werden.

„Wer sich nicht assimiliert, wird eliminiert“, fasst Sauytbay das Grauen in Xinjiang zusammen. Übereinstimmend berichten Überlebende in den Lagern unter anderem über Folter, systematische Vergewaltigungen, erzwungene Medikamentengabe oder Hunger. „Das sind unschuldige Menschen in Ketten, mit kahl rasierten Köpfen“, weiß Sauytbay, „sie gleichen einer Kohorte lebendiger Toter.“ Die Jüngste in ihrem Lager war eine Schülerin mit 14 Jahren, die Älteste eine 84-jährige Schafhirtin.

Ein Ziel der KPCh sei es, die Muslime zu Chinesen und parteitreuen Dienern zu machen, die ihre eigene Kultur, Identität und Sprache leugnen, so Sauytbay. Wer Gott anbete, werde eingesperrt, denn er bete nicht Xi Jinping an und kritisiere damit die Partei. Für Muslime gelte das Gebot ständiger Angst und des Schweigens.

Urumqui – High-Tech-City und Überwachungsapparat

Vordergründig zeigt sich in der Hauptstadt Urumqui eine High-Tech-City mit Glitzerfassaden und vermeintlich zufriedenen Bürgern, die auf Anfrage meist in typischem Parteisprech „Wohlstand, Harmonie und Stabilität dank der Partei“ preisen. In Wirklichkeit aber leben die muslimischen Ethnien wie in einem riesigen Freiluftgefängnis, auch außerhalb der Lager.

Um Muslime sogar in den eigenen vier Wänden zu kontrollieren, nutzt die Partei nicht nur High-Tech, sondern auch andere chinesische Bewohner. Von ihnen ziehen einige „Gäste“ jeden Monat für acht bis zehn Tage in deren Wohnungen ein. „Wer deren Wünsche nicht erfüllt, kommt ins Lager“, weiß Zeugin Zumret Dawut. Die uigurische Mutter von drei Kindern durchlitt nach Haft und Zwangssterilisation ständige Panik, da einer der „Gäste“ ein Auge auf ihre zehnjährige Tochter geworfen hatte.

Damit „das wunderschöne Xinjiang“, wie Xi das bei seinem letzten Besuch in Urumqi 2023 ausgedrückt hat, in seinem schönsten Licht erscheint, investiert die KP Chinas nicht nur gewaltige Summen in Desinformationskampagnen, wie aktuell ein Bericht des US-Außenministeriums zeigt, sondern bezahlt auch westliche Influencer dafür, positive Geschichten in den sozialen Netzwerken zu posten. Die KPCh will Xinjiang wie Tibet oder die Innere Mongolei in dasselbe China wie im Inland verwandeln.

Auslöschung der ursprünglichen Kultur

Zu dem Zweck hat die Partei die Jahrhunderte alte, faszinierende Kultur der Muslime weitgehend zerstört, Moscheen teils zu öffentlichen Toiletten umfunktioniert und Friedhöfe mit Baggern einplaniert. In der Wüstenoase Kashgar, Wiege der uigurischen Kultur, hatten einst 2000 Jahre alte Lehmziegelhäuser das Bild der Altstadt geprägt. Stattdessen finden sich dort heute Souvenirstände mit buntem Krimskrams „made in China“. Der verbleibende Rest wird für Touristen-Folklore genutzt.

Einerseits schürt die KPC bereits bei den Kleinsten im Kindergarten ein Feindbild gegen Ausländer und hält die Einwohner dazu an, keine ausländischen Produkte zu kaufen, um China an die Weltspitze zu bringen. Andererseits benötigt die angeschlagene Wirtschaft dringend deren Geld aus dem Ausland. Auch deutsche Reiseunternehmen bieten Touren mit Behörden in Xinjiang an, die direkt mit der Zerstörung des kulturellen Erbes, der Überwachung und Internierung von Uiguren in Verbindung stehen.

Ständige Überwachung auch von Touristen

„Wer in diesem Überwachungsstaat sein Geld als Tourist investiert, macht sich zum Komplizen der Verbrechen der Partei und stärkt der Diktatur den Rücken“, sagt Sauytbay. Denn Xi Jinping strebt offen nach einer neuen Weltordnung, die das Ende von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit bedeutet – Seite an Seite mit anderen Diktatoren. Zu diesem Zweck importiert die KPCh auch Überwachungsmethodik und -technik, nach demselben Modell wie in Xinjiang, in andere Länder der Welt wie Russland oder Serbien.

Wer dennoch nach Xinjiang reist, sollte wissen, dass sein Handy genauso ausgelesen wird wie das der Einheimischen. Mitsamt aller Kontakte und persönlichen Details. Hat ein Uigure zum Beispiel auf dem Handy Kontakte ins Ausland, wird er als Staatsfeind verdächtig. Aus Sicherheitsgründen sollten Touristen auch besser vor Ort keine offene Kritik am System äußern, sonst landen sie womöglich im Gefängnis in Xi`s „wunderschönem Xinjiang“.

Und warum ist Xinjiang so bedeutsam für die KP CHinas?

  1. Es ist sehr reich an Bodenschätzen (z. B. seltene Erden, Baumwolle, Gold, Erdgas, Öl)
  2. Es hat eine bedeutsame geostrategische Lage, grenzt an acht Länder und wird auch „Tor zum Westen“ genannt.
  3. Es gilt als Zentrum der „Neuen Seidenstraße“, dem weltweit größten Infrastrukturprojekt; hier fließen die Finanzströme aus anderen Ländern zusammen. Mithilfe dieses Projekts will die KPCh die Weltwirtschaftsmacht erobern.

[Tippfehler korrigiert.]

  • 0x815@feddit.deOP
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    6 months ago

    Falls das jemanden interessiert, es gibt u.a. zwei Dokus auf Arte zu diesem Thema:

    China: Das Drama der Uiguren - (Doku, 105 Min.)

    Chinas Uiguren-Politik gleicht einem stillen Völkermord: über eine Million willkürliche Internierungen, Folter, Zwangsarbeit, Kulturvandalismus, Umerziehung von Kindern und Erwachsenen, Zwangssterilisierungen. Die Region Xinjiang, die nur noch dem Namen nach autonom ist, steckt im eisernen Würgegriff Pekings. Den Grundstein für diese seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellose Repression legte Staatspräsident Xi Jinping bereits 2014 in einer nicht öffentlichen Rede vor hohen Beamten der Kommunistischen Partei: Es gehe um einen “absolut gnadenlosen, umfassenden Kampf gegen Terrorismus, Infiltration und Separatismus mit den Mitteln der Diktatur”. Unter dem Vorwand der Bekämpfung von radikalem Islamismus und Armut arbeitet die Kommunistische Partei Chinas an der kompletten Auslöschung der uigurischen Kultur. Jahre gingen ins Land, bevor sich die internationale Gemeinschaft einschaltete, doch Peking schert sich nicht um die Drohungen aus dem Ausland und setzt seine Verfolgung der turksprachigen und vorwiegend muslimischen Minderheit fort.

    Was ist der Grund für diese erbitterte Unterdrückung, die nicht nur China betrifft, sondern letztlich die Zukunft von Demokratie und Freiheit weltweit? Welche geschichtlichen Ursachen hat sie? Auf diese Fragen antwortet die Dokumentation mit Archivmaterial, Expertenmeinungen aus China und dem Ausland sowie Berichten von Uiguren, denen die Flucht aus den Internierungslagern gelang. Die Dokumentation zeigt, wie und warum die in China vorherrschende Han-Ethnie die Uiguren assimilieren will.

    China: Die Influencer der Kolonialisierung - (Doku, 14 Min.)

    Hunderte Clips in den sozialen Netzwerken werben für Xinjiang und die finanziellen Vorteile, sollte man sich dort niederlassen. Recherchen von MIT OFFENEN DATEN zeigen, dass diese Influencer, die für die Kolonisierung von Xinjiang werben, in Wirklichkeit Multiplikatoren der chinesischen Propaganda und der Vision von Präsident Xi Jinping sind.

    Während die Uiguren in Umerziehungslager gesteckt oder nach Ostchina umgesiedelt werden, ermutigt die chinesische Führung die Bewohner Ostchinas zu einer Übersiedelung nach Xinjiang, mit dem erklärten Ziel, mehr Chinesen der Volksgruppe Han für den Kampf gegen Separatismus und religiösen Extremismus zu motivieren. In Wirklichkeit trägt diese Ansiedlungspolitik jedoch zur Auslöschung der uigurischen Identität bei.

    Beide Programme enthalten Szenen, die für empfindsame Zuschauer/-innen nicht geeignet sind.

  • muelltonne@discuss.tchncs.de
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    6 months ago

    Da freue ich mich doch schon auf schmierige Influencer, die dann wunderschöne Urlaubsfotos aus Xinjiang posten wie sie es aktuell aus Dubai machen

  • Kühe sind toll@feddit.de
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    6 months ago

    Vielen Dank fürs teilen. Viele Di GE kannte ich schon, aber das halt nochmal alles so auf einem Haufen zu lesen ist nochmal was ganz anderes. zum Glück sieht der Westen immer mehr ein, dass man sich von China am besten löst, auch wenn die Politiker leider nicht die Eier in der Hose haben um China Öffentlichkeit an den Pranger zu stellen.

  • brainrein@feddit.de
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    6 months ago

    „Sogar Messer in unseren Küchen sind festgekettet und mit Chip ausgestattet, damit die Partei überwachen kann, wann und wie oft man sie benutzt“, berichten Zeugen, die heute im Ausland leben.

    Mhhmm. Solche Passagen hinterlassen in mir immer wieder die Frage, ob ich gerade westliche Schauerpropaganda lese.

    Kein Staat reagiert wohlwollend, wenn es in Regionen Abspaltungsbewegungen gibt. Das UK ist das einzige Beispiel, das ich kenne, wo der Staat eine Volksabstimmung zur Unabhängigkeit (Schottlands) zugelassen hat. Einmal. Als die Regierung sich sicher fühlte, dass die Bevölkerung keine Abspaltung wollte.

    Die USA haben über diese Frage ihren Bürgerkrieg geführt, den Krieg mit der bis heute höchsten Opferzahl an Amerikanern.

    Spanien sucht noch heute mit internationalem Haftbefehl nach Leuten, die eine Testabstimmung über die Unabhängigkeit von Katalonien organisiert hatten.

    Der US-amerikanische Krieg gegen den Terror hat eine Million Tote nur im Irak gekostet. Inklusive fürchterlicher Kriegsverbrechen, für deren Veröffentlichung sie Assange für immer hinter Gitter bringen wollen.

    Und China geht mit sowas chinesisch um, mit Lagern und Umerziehung. Das ist durchaus ein guter Grund, von China die Wahrung der Menschenrechte einzufordern. Aber es ist kein Grund anzunehmen, dass sie etwas anderes wollen als die Unabhängigkeitsbewegung zerstören.

    Andererseits weiß ich halt, dass die westlichen Regierungen und Medien sich grundsätzlich einen Scheißdreck um Menschenrechte scheren.

    Die Frage nach den Menschenrechten wird nur dann gestellt, wenn es gilt, einen Feind in der westlichen Welt zu dämonisieren. Russland, China als es kommunistisch war, Kuba unter Castro, Irak seit dem Kuwaitkrieg, Iran unter Mossadegh (obwohl demokratisch), Iran seit Khomeini, Nordvietnam, Chile unter Allende, Libyen unter Gaddafi, Ägypten unter “falsch” gewählter Regierung, China seit es zu stark wird, alle mittel- und südamerikanischen Staaten sobald sie eine linke Regierung wählen und US-Kapitalinteressen gefährden u.v.a.

    Bei Verbündeten des Westens wird es toleriert, wenn sie ihre Bevölkerung oder Teile davon brutal unterdrücken. Das gilt für alle nach Westen orientierten Länder der Welt. Chile unter Pinochet, Ägypten mit westorientierten Diktatoren, Südvietnam, Taiwan als es noch eine Diktatur war, Irak vor dem Kuwait-Krieg, Iran unterm Schah, Phillipinen, China als es sich öffnete, Kuba unter Batista, Indonesien, Saudi-Arabien u.v.a.

    Bei Bruderländern des Westens, also Ländern, die nach westlicher Lesart gleich sind unter Gleichen (demokratisch, kapitalistisch, europäisch bzw. weiß; also Nordamerika, Westeuropa, Australien, Neuseeland, früher Südafrika, Israel), werden Menschenrechtsverletzungen sogar verleugnet, verteidigt und unterstützt, solange es irgendwie geht. Das heißt solange die Propaganda es schafft, die Mehrheit der Bevölkerung davon zu überzeugen, dass in dem entsprechenden Land keine Menschenrechtsverletzungen geschehen, bzw. diese leider nötig sind.

    Nie ein politisches Thema: Rassentrennung in den USA, sehr lange kein politisches Thema: Apartheid in Südafrika, kein politisches Thema: Westeuropas Unterstützung von Menschenrechtsverletzungen in Afrika und am Mittelmeer, kein politisches Thema: Israels Vertreibung der Palästinenser 1947-49, Israels Besatzungs- und Apartheidpolitik.

    So weiß man wie gesagt nie, was Propaganda ist und was Sorge um Menschenrechte.

    Ich zum Beispiel glaube, dass China den Tourismus in Xinjiang wirklich fördert, um die Wirtschaft in Xinjiang zu stärken, denn es ist Wohlstand der die Menschen friedlich macht.

    Und ich weiß zum Beispiel, dass Chinas ethnische Minderheiten immer von der Ein-Kind-Politik ausgenommen waren. Und das klingt für mich nicht danach, als ob sie ausgerottet werden sollten.

    Ich bin ziemlich verzweifelt auf der Suche nach Experten, die mir ruhig und rational und nachvollziehbar erklären können, was gerade in China passiert und warum.

    • DrunkenPirate@feddit.de
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      6 months ago

      Gute Punkte, sehe ich genauso. Die eigene Propaganda nimmt der „Westler“ gar nicht war. Ich hatte ein Jahr Auszeit vom Westen und dadurch einigen Abstand, der mich dies besser sehen ließ.

      Unter anderem war ich auch in Xinjiang. Das war 2010. Damals war es noch nicht so schlimm wie heute (vermutlich), die Repression konnte ich aber schon sehen. Als westlicher Touris warst du damals „Untouchable“ und ich habe selten so viel Polizei und Militär und Kameras in China gesehen als wie in Xinjiang. Bis nach Kashgar bin ich leider nicht, das war mir eine zu lange Fahrt. Ich wollte lieber nach Tibet. In Kashgar wurden damals die alten Soukhs (Bazaare) dem Erdboden platt gemacht für moderne Bauten.

      Faszinierend ist die Gegend aber: Alte Wüstenruinen um die 3.000(!) Jahre alt, Höhlenmalereien der alten Seidenstrasse mit über 2.000 Jahren und Urumqi DIE Stadt in der du dich als Westler wie ein Alien fühlst: Kyrillische, arabische und chinesische Schriftzeichen, aber keine westlichen. Man versteht nix 😄

    • tobi@feddit.de
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      6 months ago

      Westen und Osten ist falsches Denken. Das sagen mittlerweile alle die ich kenne. Die Piraten Partei zum Beispiel nutzt eher eine Art Autokratien Parameter.