Yo, stimmt. Als Beispiel für architektonisch lieblose Städte: Hannover. Inhaltlich hat die Stadt aber was zu bieten meiner Meinung nach, ansonsten ist u.a. das häßliche Ihme-Zentrum ein Dauerthema. Hannover war durch den 2. Weltkrieg total zerstört. Ein entsprechendes Modell kann im Rathaus besichtigt werden.
Interessanter Artikel, und artikuliert auch Empfindungen welche ich selbst als Innenstadtbewohner habe oder schon hatte. Meine Wohnung ist sauteuer, vergleichsweise klein und unpraktisch (pantryküche) und ich vermisse es sehr einen Garten zu haben.
Gleichzeitig kann ich es mir aber schwer vorstellen im Speckgürtel oder Betonblock zu leben, auch wenn ich dort natürlich mehr für mein Geld bekäme. Da zu wohnen wo auch das bisschen öffentlichen Lebens stattfindet welches uns im rationalisierten und kommerzialisierten Alltag noch bleibt ist ein Unterschied von Tag und Nacht zu den Alternativen.
Ich habe noch nie ein eigenes Auto besessen oder gebraucht, kann in Minuten Geschäfte, Dienstleistungen, öffentliche Einrichtungen, Restaurants, Freizeitaktivitäten und auch den ein oder anderen Park mit dem Rad oder Öffis erreichen. Es gibt mir irgendwie auch ein abstraktes Gefühl von Verbundenheit mit meiner Stadt.
TLDR: Location, location, location
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Fair, aber der Unterschied von “in einer halben Stunde in die Stadt” zu “in der Zeit war ich schon 20 Minuten im Laden und bin auf dem Weg zurück” ist halt doch größer als man denkt, besonders außerhalb der üblichen Geschäftszeiten.
Damit sind wir aber wieder beim ausgangsproblem, unser öffentliches leben ist strikt rational um Konsum und Arbeitszeiten organisiert, man geht dort hin wo es stattfindet um Dinge zu kaufen oder zu erledigen, oder auf der anderen Seite um dort Geld zu verdienen. Zeit zum existieren, und begegnen, und richtigen Müßiggang hat da eigentlich keiner.
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Und die Eltern verstehen nicht, warum man nicht einfach raus zieht, wenn es doch so schwierig ist, eine größere Wohnung für die Familie zu finden. Du hast sehr schön auf den Punkt gebracht, warum wir in der Stadt bleiben wollen. Abgesehen davon, dass es zumindest hier auch nicht so, dass es überall auf dem Land großen und bezahlbaren Wohnraum gäbe.
100% so seh ichs auch.
Die “Messestadt Riem” zeigt gut, wie es aussieht, wenn eine riesige leere Leinwand (früher die zerbombten Innenstädte, hier aber ein aufgegebenes Flughafengelände) in der heutigen Zeit neu entwickelt wird. Ich glaub, wir können’s einfach nicht mehr.
Neubau-Blocks sind aber die beste Lösung wenn es darum geht schnell und billig Wohnraum zu schaffen. Klar hätte ich auch gerne eine historische Barockwohnung in der Innenstadt, nur ist die leider unbezahlbar. Außerdem funktioniert Bus und Bahn, Kindergärten, Krankenhäuser besser wenn man 10000 Wohnungen in Fußweg Entfernung hat, statt ein paar Einfamilienhäuser.
Geht aber auch in nicht hässlich.
Wobei Klinker der Art sind heutzutage ziemlich teuer, die gibt’s nur aus frisch abgerissenen Gebäuden bzw. dem einen Ringofen der noch im Betrieb ist und eigentlich nur den Denkmalschutz versorgt. Die komplett langweilig gleichmäßig gefärbten die in der Zwischenzeit gebrannt wurden gibt’s aber zum Glück auch nicht mehr, man kann halt auch in einem modernen Ofen Unregelmäßigkeiten reinbringen. Kalk und Sand haben wir hier oben auch noch genügend, is also nicht dass die Materialien fehlen würden um genauso wie damals zu bauen. Man sollte mit mehr Dämmung bauen, ja, aber das ändert nichts am Aussehen. Seht ihr da den Bogen über’m Eingang? Ist noch nicht mal tragend, das macht das Beton-Fertigteil, lohnt sich aber optisch und ist schnell gemacht wenn man eh gerade am Mauern ist. Briefkästen nächstes Mal bitte nach draußen, und keine Treppe in der Keller (nur halbes Stockwerk) sondern Rampe: Fahrradkeller.
Die Frage ist aber natürlich warum man an ein Gebäude das laut Investoren 50 Jahre lang halten soll ne Fassade anbacken sollte die locker 500 Jahre hält. Lohnt sich halt nicht. Die Nachkriegsbauten werden das Zeug was jetzt gerade gebaut wird überleben, die brauchen nur mal neue Dächer und Fenster.
Naja, soetwas ist halt auch neu: (https://www.dbz.de/imgs/2/0/6/0/5/5/6/P1270020_SylviaSoggia-e7a5dddc9b35d4a6.jpg)
Das heißt aber auch nicht, dass alles weiße Blöcke sein müssen. Die müssen sowieso gestrichen werden und es ist nicht so, dass zum Grün, Rot, Blau oder Gelb wirklich viel mehr kostet als Weiß. Man kann auch Fassaden sehr günstig mit zum Beispiel Mauerwerk, Balkons, Fensterrahmen und ähnliches gestalten. Das ist halt wirklich nicht sonderlich teuer. Auch Zierwerk kostet nicht die Welt, wenn man nicht total crazy geht. Ein paar Fliesen da, dran und einen Gaudi gemacht und das Haus hat richtig viel Charme.
Dann hat man sich hier für ein Einkaufzentrum entschieden. Anstatt die Läden in die Straße einzugliedern. Das belebt natürlich die Straße ungemein, wenn dort ein Cafe oder auch nur ein einfacher Laden ist.
Die Niederländer können so was. Kein Plan warum wir nichts von denen abschauen. Straßen können die auch besser.
Dabei hat man in München mit dem Olympiadorf finde ich eigentlich ein gelungenes Beispiel wie es geht. Dicht besiedelt, aber trotzdem eine hohe Lebensqualität und die Autos sind im wahrsten Sinne des Wortes untergeordnet (Straßen verlaufen ausschließlich unterirdisch in der Tiefgarage).
Geht nur über die BRD, oder nicht? Die DDR hat es doch nicht so schlimm getroffen (Beispiel Berlin)
In der DDR wurde weniger abgerissen, da Bauen teuer ist. Allerdings wurde auch dort massive pro Auto und oft sehr lieblos gebaut. In Berlin ist wahrscheinlich das krasseste der Alexanderplatz und die direkte Umgebung. Alles massiv breite Straßen und Betonriegel. In Dresden wurde praktisch eine Autobahn durch die Innenstadt gelegt, ähnlich in Rostock. Dessau ist wirklich grauenhaft.
Das gute ist halt, dass in der DDR weniger abgerissen wurde als in der BRD und gerade kleine Städte wurden oft auch nicht zerbombt. Nach der Wende war der Osten auch schlau genug nicht den Westen in der Hinsicht komplett nach zu machen. Außerdem gab es auch weniger Autos, weshalb Straßenbahnen beibehalten wurden. Die größte Stadt in den Neuen Länder ohne Straßenbahn ist Weimar mit 65.000 Einwohnern.
Letzteres meine ich. Im Gegensatz zur BRD wurde eben im Osten weit mehr Öffis gebaut.
In den 1950ern wollte man diese Verkehrssysteme in die staedte bauen:
Wie geil sind bitte die Schiffstunnel? 😅
Im Grundprinzip wäre aber eigentlich den gesamten hässlichen Verkehr unterirdisch abwickeln schon megagut. Fragt man sich halt, warum dann oberirdisch noch ein vierstöckiges Autobahnkreuz sein muss, wenn ich weitere Autobahnen und Schiffe (😅) schon unter der Erde habe.
Zuviele Verkehrswege, zu wenig von alles andere.
Naja, ich glaube bei diesem bild wollte man vor allem die verschiedenen Verkehrssysteme nur aufzeigen. Eine funktionierende Stadt ist es nicht, da Wohngebiete, Freizeit, Industrie und kommerzielle Zonen fehlen die damit sinnvoll angebunden werden.
In Dresden wurde praktisch eine Autobahn durch die Innenstadt gelegt, ähnlich in Rostock
Als Einwohner von Rostock kann ich dem schon großteils zustimmen, die Stadt besteht gewissermaßen aus zwei Welten. Ich habe 15 Jahre in Evershagen gewohnt - die ganze Ecke Evershagen/Lichtenhagen/Lütten Klein besteht großteils aus Plattenbauten, die in den 70er-Jahren gebaut wurden und es hat mich unfassbar depressiv gemacht, dort wohnen zu müssen. Die Stadtautobahn war für mich auch allgegenwärtig, da mein Wohnblock direkt an dieser lag - der Lärm war teilweise nur schwer auszuhalten. Allerdings war die Wohnung spottbillig und ich konnte sehr viel Geld beiseite legen.
Ich hab’s letztes Jahr geschafft, in die Stadtmitte zu ziehen. Hier ist es ganz anders - zwar kostet die Miete über das Doppelte, aber es gibt kaum Verkehrslärm, mehr Grün und ich hab sogar meinen eigenen Garten bekommen (fühlt sich immer noch an wie ein Traum).
In Evershagen konnte ich nicht viel machen - das Highlight in der Nähe ist das Cinestar-Kino in Lütten Klein, sonst gibt’s da nicht viel. Hier in der Innenstadt hingegen alle möglichen Cafes, Restaurants und Veranstaltungsmöglichkeiten. Die Innenstadt hat auch eine Menge historischer Gebäude und sieht nicht so fucking hässlich aus, ich habe deutlich mehr Lebensfreude gewonnen.
(Hier gibt’s auch mehr flauschige Katzen, die durch meinen Garten laufen. :D)
Edit: Eine Ausnahme bildet leider der Rostocker Hafen, der im Sommer einfach nur zu einem großen Parkplatz für Urlauber umgewandelt wird. Ein riesiger Schandfleck der Stadt, was hier auch viele so sehen. Der NDR vor kurzem auch eine Doku darüber gemacht.
Mit welchem Ansatz gelingt denn eine liebevolle Stadt?
Mit dem Ansatz, Städte für Menschen zu bauen anstatt für Konsum und Autos.
Klingt erst einmal gut. Wie baut man Städte für Menschen?
Le Plessis-Robinson und King Charle’s Musterstadt.
Poundbury wird erweitert, Le Plessis-Robinson mein ich wird nicht fortgesetzt.
Diese Städte sind die beste Antwort, die wir haben. Ich glaube es sollte nur der Ausgangspunkt sein.
Haussmann hat Paris “aufgehübscht” um eine zweite Commune zu verhindern. Die USA haben suburbs wegen der Atomraketen, aber wahrscheinlich eher aus ähnlichen Überlegungen organisiert.
In die andere Richtung gedacht, wie werden Städte menschlicher? Wenn der Prinz eine Stadt organisiert, wird ja mindestens die bestehende Klassenstruktur dort nicht hinterfragt.
Ich wollte damit nur zeigen wie solche Projekte aussehen können, nicht wie sie am besten politisch betrieben werden. Damit das wie geflutscht läuft müssen a) die Architekten sich von so einigen modernistischen Klogriffen entfernen, und mit “die Architekten” meine ich vorallem auch die Ausbildung, dass man nicht durchfällt wenn man einen klassizistischen Entwurf vorlegt und b) die Politik muss einen Rahmen schaffen in dem sich solche neuen und wiedergefundenen Ansätze austoben können was, da manche Sachen durchaus etwas mehr kosten können, vor allem die geplante Lebensdauer der Gebäude betrifft. Unter 200 Jahre Standzeit zu bauen ist asozialer Pfusch. So viel teurer ist es in der Gegenwart nicht, auf lange Zeit isses billiger, und du kannst dir leisten tatsächlich einzelne Häuser einzeln zu planen, ein eigenes Design zu geben.
Haussmann hat Paris “aufgehübscht” um eine zweite Commune zu verhindern.
Erm… nein. Du weißt was eine Banlieue ist? Es ging darum zu verhindern dass aus der Stadt ein kompletter Slum wird. Sowas gibt’s bei uns noch nicht mal im Osten, eine Sache die in .de immer wenn nicht gut dann zumindestens nicht zu schlecht gelaufen ist ist die Durchmischung von Einkommensstufen. Und warum sollte ne Gemeinde die 40 Jahre lang Kommunisten gewählt hat plötzlich einen Republikaner wählen wenn alles in Ordnung wäre. Hätten die Kommunisten damals schon so gebaut, die Umgebung Menschengerecht gestaltet und nicht als Arbeiterparkplatz dann hätten sich die Arbeiter bestimmt nicht genötigt gefühlt den Klassenfeind zu wählen.
Oh, Österreich gibt’s auch noch. Guck’ dir mal Wien an, vor allem auch wie viel sozialen Wohnungsbau die haben in dem man leben kann ohne Depressionen zu kriegen.
Diese Art, Fragen zu stellen, macht mich stutzig. Möchtest du andeuten, dass es alternativlos ist, Städte so zu bauen, wie sie bisher gebaut wurden?
Im Gegenteil, es sollte sein und ist eine Einladung, die Alternativen vorzustellen, die wir haben oder die sein können.
Die Frage kommt daher, dass ein Ablehnen von Auto und Konsum ja noch sehr viel Gestaltungsraum lässt. Was würde die Menschen glücklich machen? Von kleinen Tinyhouses in loser Gruppierung bis zur dichten Bebauung wie Manhattan ist ja alles möglich. Welche Architektur schafft da die Alternative zum Konsum? Cafes gehen dann ja nicht unbedingt. Wie soll dann der öffentliche Raum gestaltet werden?
warum gehen cafes nicht? Ich wuerde mir vor allem baeume am gehwegrand wuenschen damit es auf fussweg und radweg schatten gibt - nur wurden diese ja nicht selten anbgeholzt um parkplaetze zu schaffen.
Cafes sind Konsum. CyberEgg hat prinzipiell nichts gegen sie, aber um konsumfreien Raum zu schaffen, muss man sich was neues einfallen lassen.
Also ich würde mich schon am Wochenende gerne ins Cafe setzen, Koffein und Kuchen essen und auf dem Handy Shirtposten! Besser als die 100ste Apotheke, casino, vape shop oder Handyhüllen laden.
Es gibt sehr viele Aspekte bei dem Thema. Ich kann dir da spontan keine abschließende Liste aufschreiben, aber Dinge wie 15-Minuten-Städte/Viertel und Verkehrsinfrastruktur, die Fußgänger, Radfahrende und ÖPNV dem motorisierten Individualverkehr vorziehen sind dabei enorm wichtig.
Welche Architektur schafft da die Alternative zum Konsum? Cafes gehen dann ja nicht unbedingt.
Doch, natürlich gehen Cafes. Und Bekleidungsläden/Boutiquen und auch andere Läden gehen klar, solange nicht überall Einkaufsstraßen entstehen. Grünanlagen, Gelegenheiten zum Hinsetzen und für Gemeinschaftsleben (in Deutschland oft Vereinsleben), Spielplätze, Jugendräume usw.
Grünanlagen, Gelegenheiten zum Hinsetzen und für Gemeinschaftsleben (in Deutschland oft Vereinsleben), Spielplätze, Jugendräume
Da wird es ja spannend. Verdichtung bringt ein breites Freizeitangebot, aber auch Anonymität und damit Vandalismus.
Eine liebevolle Stadt hat keine Zäune oder Bänke mit Einzelsitzen.
Gelegenheiten zum Hinsetzen im Winter sind in Gebäuden. Cafe, Bibliothek, Shopping Mall. Fast alles kommerziell. Vandalisierungssichere Räume ähnlich zu Bahnhöfen anzubieten ist nur ein Minimalkompromiss.
Ich glaube, dass da noch mehr möglich ist, weiss aber nicht wie.
Das ist ein sehr komplexes Thema, was man studieren kann. Ich schlage vor, du schaust dir die Videos von NotJustBikes an. Oder Strongtowns. Ist super interessant!
Strongtowns habe ich einige Zeit verfolgt.
Meine Fragen werden anscheinend als Unwissen interpretiert und nicht als Interesse an innovativen Ideen, die vielleicht noch nicht allgemein bekannt sind.
Danke für die Links. NotJustBikes werde ich mir anschauen.
Ich glaube das lag an der Formulierung bzw. der “Ton” der dabei rüberkam. Schön dass du dennoch einen echten Dialog suchst :) Das Thema ist halt mega umfangreich uns gleichzeitig auch richtig spannend!
Vielleicht mal damit anfangen: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Vauban_(Freiburg_im_Breisgau)
Bestimmt können dort auch noch Dinge verbessert werden, und es gibt auch noch andere Inspirationsquelle weltweit für autofreie Städte. Barcelona, Oslo, Gent, etc.